Studie zur Risikoabschätzung mittels Ohrsensor
Risikoabschätzung bei gefährdeten Patienten

Die Bevölkerung in der westlichen Welt erreicht zunehmend ein hohes Lebensalter. Während viele Menschen im Alter gesund bleiben, leiden andere unter einer Vielzahl von nicht erkannten oder unterdiagnostizierten Krankheiten.  Wenn diese zu spät gefunden werden bzw. sich der klinische Zustand verschlechtert, kann ihre Behandlung unnötig schwierig oder kostspielig werden.

Es ist daher wichtig, diejenigen Personen frühzeitig zu identifizieren, die ein erhöhtes Risiko für zukünftige Komplikationen in sich tragen und daher medizinisch genauer zu überwachen sind.

Das autonome (unbewusste) Nervensystem sorgt für die reibungslose Funktion aller Organe. Störungen in diesem System deuten auf krankhafte Zustände hin, enthalten Informationen über mögliche zukünftige Komplikationen und erlauben eine individuelle Risikoabschätzung.

Das Forschungsteam rund um Georg Schmidt (Klinikum rechts der Isar) hat eine Reihe autonomer Tests entwickelt, die im sogenannten Polyscore zusammengefasst werden. In Vorstudien konnte gezeigt werden, dass dieser Polyscore zuverlässig das Risiko für zukünftige Komplikationen anzeigt und zwar sowohl bei Herzpatienten als auch bei Personen über60 Jahre in der Allgemeinbevölkerung.

Das Ziel der geplanten Studie ist es, bei Menschen, die kurz vor dem Rentenalter stehen den Funktionszustand des autonomen Nervensystems festzustellen und im Verlauf zu überwachen. Alle dazu nötigen Messungen sollen mit einem Ohrsensor erfolgen.

Bisher war die Datenerfassung sehr aufwendig; sie erforderte hochaufgelöste EKG-Signale, kontinuierliche Blutdruckkurven und Maße für die Atemaktivität. Wir haben die Methode erheblich vereinfacht und können den Polyscore aus einem einzigen Signal, dem sogenannten Photoplethysmogramm (PPG) berechnen. Der Ohrsensor erfasst dieses Signal optisch, also nichtinvasiv und bequem im äußeren Gehörgang.

Die vom Ohrsensor erfassten Daten werden kontinuierlich über einen verschlüsselten Bluetooth-Kanal an den Raspberry gesendet und noch vor Ort analysiert. Die berechneten Daten werden per vorinstallierter SIM-Karte an einen zentralen, Datenschutz-gesicherten Server gemeinsam mit dem PPG-Rohsignal automatisch an das etablierte Telemonitoring-Zentrum am Klinikum rechts der Isar übertragen.

Das Forschungsteam verspricht sich einen Zeitvorsprung bei der Identifizierung der gefährdeten Patienten und dadurch eine Erhöhung der Überlebenschance.

Sollte sich das Konzept als erfolgreich erweisen, kann dieses Vorgehen flächendeckend angewandt werden und wird Ressourcen im gesamten Gesundheitssystem freisetzen.

 

Projektleitung

Georg Schmidt, MD
Professor of Cardiology
Klinik für Innere Medizin I
Klinikum rechts der Isar
Ismaninger Str. 22, 81675 Munich
gschmidt@tum.de